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Der Ernst des Lebens



Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, 

einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen 
<Astrid Lindgren>

Mein Großer,

Jetzt ist er also da. Der Tag der Tage. Der erste Schultag. Ein Tag, dem du freudig und stolz, aber auch skeptisch entgegenblickst. Und wir auch, das sage ich dir ganz ehrlich.
Ich gebe zu, es gab einige Tage, an denen ich mich in den letzten Jahren bewusst gefreut habe, dass wir noch nicht an das Schulsystem gebunden sind. Dass wir unsere Tage noch freier gestalten und uns die Urlaubszeit aus freien Stücken einteilen können. Mal einen Tag blau machen im Kindergarten und Zeit miteinander verbringen, weils grad so schön ist draußen, oder einfach nur, weil wir ausschlafen oder gemeinsam sein wollen.
All dies ändert sich jetzt und wir werden uns wohl alle ein Bisschen an die disziplinierte Routine gewöhnen müssen. „Der Ernst des Lebens“ – so nennen manche Leute die Schulzeit. Und diese Bezeichnung sagt schon sehr viel über die Erfahrungen und auch Erwartungshaltungen aus, die manche mit diesen vielen Jahren gedanklich verknüpfen. Jahre, die einen großen Teil der Kindheit beeinflussen.

Dabei kann es doch rein theoretisch auch ganz positiv werden. Und weil ich grundsätzlich eine Träumerin bin, halte ich an diesem naiven Wunsch fest.

Ich wünsche dir, dass du in deiner Schule, deiner Klasse, einen Ort findest, in dem du dich wohl und geborgen fühlst, angenommen und wertgeschätzt. Für deine wunderbare kindliche Neugier, deine soziale Kompetenz, deine Sensibilität und deine übersprudelnde Phantasie.

Ich wünsche dir feste, enge Freundschaften mit SchulkollegInnen, die dich eventuell sogar dein ganzes weiteres Leben begleiten. Mit denen du auch im Schulalltag Abenteuer erleben kannst, die dich schützen und unterstützen, genauso wie du sie. Echte Freunde, denen man Geheimnisse anvertrauen kann und die dich in die eigene Selbständigkeit begleiten. 
Ich wünsche dir eine Lehrerin und PädagogInnen, die verstanden haben, dass Lernen ein natürlicher Impuls von Kindern ist, den es lediglich zu entfachen und am Lodern zu halten gilt. Lehrende, die sich nicht vom Leistungsdruck und vom zu erfüllenden Lehrplan hetzen lassen. Lehrende, die darauf vertrauen, dass man sich Wissen auch ohne Drill und Vorwärtspeitscherei  – ja sogar spielerisch – aneignen kann.

Ich selbst hatte diese Erkenntnis wie leichtfüssig man lernen kann erst lange nach der Schulzeit. Leider. Wie schön ist es doch, wenn man sich für Etwas interessiert und ganz nebenbei alle wichtigen Infos dazu abspeichert, ohne seinen Kopf mit dem Druck es sich merken zu müssen zu blockieren.
Nicht immer wird das in der Schule funktionieren. Da bin ich mir sicher. Bin ja nicht blöd. Auch du wirst ab und an erschöpft und frustriert sein. Und dann? Dann gibt es ja immer noch uns. Deine Oldies. Schultechnisch mit allen Wassern gewaschen. Die dir in anstrengenden Zeiten den Kopf freimachen und hoffentlich auch das Herz erleichtern können. Die dich ein Stück weit tragen und stützen, bis es wieder von alleine geht.
Mein kleiner Großer, mein liebes Schulkind!
Heute gehen wir erstmal gemeinsam. Zum Willkommensfest in deiner Schule. Wir wünschen dir einen wunderschönen Tag!

Als nähende Mama wars ja quasi eine innere Verpflichtung, meinem Erstklässler seine Schultüte – nach dem Tutorial der lieben Lillesol & Pelle – selbst zu nähen. Im schlafmangelvernebelten Wochenbettdusel habe ich also gemeinsam mit dem Kleinkrawallo im WorldWideWeb nach dem optimalen Stoff für seine Schultüte gesucht. Nicht zu kindisch durfte es sein. Realistisch, aber nicht zu krass bunt. Die Wahl fiel auf eine feine Webware, in weiß mit blauen Flugzeugskizzen.

Das edle Biostöffchen kam dann auch nach einer Woche hier an. Aus North Carolina, USA. Was tut man nicht alles für den anspruchsvollen Nachwuchs. Aber ja, er hat gut gewählt. Der Stoff ist toll. Und die Schultüte wurde sogar rechtzeitig fertig.  
Und weil nicht alle Geschenke Platz in der Tüte fanden, habe ich aus dem Reststück des Flugzeugstoffs auch noch eine kleine Geschenketasche genäht. 

Edit: Nun ist der erste Schultag vorbei. Es war ein positiver Start. In einer Schule, die mich Großes hoffen lässt. Jetzt heißt es erstmal einleben, sich kennen lernen und früher Schlafen gehen.

Und genau das tu ich jetzt auch.

Habts fein ihr Herzen,
Anna

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